Ein Lauf, zwei Läufer – Julian Alps Trail Run by UTMB

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Petra Lieberherr

Petra lebt seit mehreren Jahren in ihrem selbstausgebauten Campervan und reist damit alleine durch Europa.

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Zwei Läufer, zwei Routen, ein Sportevent. Gemeinsam reisten Theo und Petra nach Kranjska Gora, zum Julian Alps Trail Run, der grössten Traillauf Veranstaltung in Slowenien. Mit unterschiedlichen Zielen und unterschiedlichen Voraussetzungen. Theo ist ein erfahrener Athlet aus Griechenland und hat sich für die Königsetappe des Julian Alps Trail Run registiert – 177 Kilometer und 8000 Höhenmeter rund um die Julischen Alpen. Auf Petra wartete der Halbmarathon, ein Rundkurs um Kranjska Gora. Wie es ihnen dabei ergangen ist, erzählen sie selbst.

100 Meilen – Theo’s Weg nach Chamonix

Zusammen mit drei Freunden machte ich mich aus Griechenland aus mit dem Auto auf den Weg durch den Balkan nach Slowenien um mein zweite 100 Meilen Traillauf Rennen ausserhalb von Griechenland zu laufen. Mit meinem grossen Ziel vor Augen: UTMB in Chamonix.

Die Fahrt duch den Balkan war wie eine Zeitreise. Orte voller Konstraste und Widersprüche. In Slowenien angekommen merkte ich, wie alles anders ist, als in den südlichen Balkanstaaten. Alles ist satt grün und ordentlich, Wasser fliesst überall und die Welt hat seine eigene Aura.
Bevor es in die Berge ging, legten wir einen Stopp in der Hauptstadt Ljubljana ein. Doch auf uns warteten die Berge und die wahre Natur des Landes. Die Tage vor dem Laufevent verbringen wir in einem Haus in Ukanc, direkt unter einem Fluss. Ich konnte es kaum erwaten, am nächsten Tag die Gegend zu erkunden. Nach dem Frühstück machte ich mich auf zur Fara Fuzina-Schutzhütte und bekam meinen ersten Einblick in die Schönheit der Julischen Alpen. Nach einem Tag unterwegs setzte ich mich in den eiskalten Fluss um meine Beine zu erholen. Denn es wartete ja noch viel auf meine Beine. An den nächsten beiden Tagen paddelten wir auf dem Bleder See auf einem SUP Sup, schwammen in seinem kristallklaren Wasser und schauten uns die wunderschöne Berglandschaft an.

Das Rennen rückte nun in grossen Schritten näher und wir machten uns auf in die kleine Stadt Kranjska Gora, die Austragungsort des Julian Alps Trail Run ist. Um uns herum erheben sich gewaltige Berge, überall Wälder und Wasser, dieser Ort ist wirklich reich an Naturschönheit. Athleten aus der ganzen Welt bereiten sich schon auf die Teilnahme an dieser grossartigen Sportveranstaltung vor. An der Expo hole ich am Abend meine Startnummer ab und höre gespannt den Instruktionen für den Wettkampf zu. Nun ist es aber Zeit, sich auszuruhen, gut zu essen und die Route zu studieren. Ich habe einige Erwartungen an mich selbst, mein UTMB Ranking sagt, dass ich in den Top 10 Athelten bin. Dem will ich gerecht werden.

Race Day! Früh komme ich aus den Federn und esse etwas Leichtes. Meine Freunde begleiten mich zu den Shuttle Bussen, die uns an den Start des Rennens, nach Kobarid bringen. Die Wettervorhersage ist sommerlich, es werden uns warme Temperaturen erwarten. Vielleicht wärmer als erwartet. Um 9 Uhr ist Abfahrt. Via Italien gelangen wir auf einen Pass auf der slowenischen Seite und steigen schliesslich in Kobarid aus. Die Läuferinnen und Läufer werden von Einheimischen, Fans und Kindern bei euphorischer Atmosphäre in Empfang genommen. Das macht gute Laune. Die Vorfreude auf das Rennen wird immer grösser und nach einem kleinen Aufwärmtraining begebe ich mich an den Start.

Nach einer Startverzögerin dann endlich der Countdown. Unter tosenden Zurufen der Zuschauer machen wir uns auf die 175 Kilometer lange Reise durch die Julischen Alpen. Mit fünf anderen Athleten starte ich in schnellem Tempo. Bereits jetzt am Morgen war zu spüren, dass es ein heisser Septembertag werden würde. An der ersten Station warten Kinder auf uns, die uns Anfeuern und motivieren. Ich bin auf dem 4. Platz, ganz nah an den anderen Athleten dran. Ich versuche dem hohen Tempo, dass wir durch kleine Dörfer und dichte Wälder hinlegen, Schritt zu halten. Doch ich versuche etwas Geschwindigkeit rauszunehmen, da ich weiss, dass es noch ein langer Weg ist. An den Stationen wird mir mit viel Freude und Positivität entgegengekommen, wenn ich erzähle, dass ich aus Griechenland komme und speziell für diesen Event nach Slowenien gekommen bin.

Ich laufe und laufe und rücke imme weiter auf die vordersten Plätze vor. Aber meine Beine schmerzen und ich bin in Sorge. Eine bestehende Verletzung begleitet mich leider schon seit längerer Zeit und wenn diese nun aufkeimt, wird es ein schwieriges Rennen. Kilometer 40 und die Schmerzen nehmen bei jedem Schritt zu – ich bin aber in der Hoffnung, dass ich die Schwell erreichen werde und die Schmerzen abklingen, wie so oft schon in der Vergangenheit. Doch die Spätsommerhitze und Luftfeuchtigkeit machen die Angelegenheit nicht besser und ich werde immer langsamer. Zwei Athleten überholen mich. Nun kommt eine weitere Herausforderung hinzu: meine Psyche im Griff zu behalten. Doch meine innere Stimme, das Rennen abzubrechen, wird immer lauter. Meine Freunde sprechen mir zwar Mut zu – doch es reicht nicht.
Die Streche ist zwar toll, die Wälder mit den hohen Bäumen, die Berge um mich herum erinnern mich daran, wie klein ich bin. Die Dunkelheit kehrt langsam ein und verschluckt die visuelle Schönheit der Natur. Ich schalte meine Stirnlampe ein und habe den Beschluss gefasst, bei der nächsten Station aus dem Rennen auszusteigen. Meine Beine, meine mentalle Verfassung zwingen mich in die Knie. Irgendwo bei Kilometer 60 ist für mich das Ende des Julian Alps Trail Run.

Petra auf dem Halbmarathon um Kranjska Gora

Für mich war es das erste Rennen ausserhalb von Griechenland und der erste Traillaufwettkampf von einer Distanz über 20 Kilometer. Demenstprechend war ich etwas nervös, wie ich das Rennen meistern würde. Die grösste Herausfoderung würde für mich die Kräfteeinteilung werden, da ich im Vorfeld im Training nie mehr als 20 Kilometer gerannt bin. Ich mache mich also auf eine Überraschung bereit und nehme es als neue Erfahrung und die Gelegenheit, Slowenien laufend zu entdecken.

Am Samstagmorgen versammeln sich die Läuferinnen und Läufer der 25 Kilometer Distanz im Dorfkern von Kranjska Gora, wo das Rennen startet und endet. Mit knapp 640 LäuferInnen das Rennen mit den meisten Teilnehmern. Bei Kaiserwetter startete das Rennen. Nach eher verregneten Vorjahren, waren wir tatsächlich vom Sonnengott erhhört. Ich positioniere mich an der Startlinie im vorderen Viertel, für eine gute Ausgangslage. Ich habe mir vorgenommen, ein gutes Rennen zu laufen aber ohne zu pushen. Meine Trianingsphase war einfach zu kurz, um aufs Ganze zu gehen.

Die Route führt erst zum Jasna See, dem künstlich angelegten See ausserhalb des Dorfes. Auf Forstwegen laufen wir weiter, wo es moderat bergauf und später über einen schmalen Wanderweg durch den Wald bergab geht. Der Boden ist noch feucht und viele Wurzeln erfordern die volle Konzentration. Auf dem apshaltierten Rad- und Fussängerweg fühle ich mich plötzlich voller Energie und lege Tempo zu bis nach Gozd Martuljek. Nun folgt ein Anstieg zum malerischen Srednji Vrh und man hat immer wieder einen schönen Ausblick auf die Julische Alpen. Ich muss immer wieder mal meinen Blick über das Panorama schweifen lassen.

Nach rund 15 Kilometern zwickt langsam mein rechtes Knie und die Hüfte. Leider ein Problem, das ich schon länger mit mir rum schleppe. Ich bin gezwungen, etwas Tempo rauszunehmen. Nun geht es wieder bergab. Doch auf dem Höhenprofil des Rennens habe ich zuvor gesehen, dass uns auf den letzten Kilometern noch ein ganz schöner Anstieg erwarten würde. Doch was ich nach 21 Kilometern dann vor meinen Augen sehe, damit hätte ich nicht gerechnet. Die jagen uns jetzt tatsächlich die Skipiste hoch? Schockiert starre ich auf die Vertikale. Unter Stöhnen und Ächzen und mit mehreren Verschnaufpausen schaffe ich es über die Rampe. Nun steil bergab und noch die letzten Meter durchs Dorf. Überglücklich erreiche ich das Ziel und bin erstaunt über meinen 15. Platz. Mein erstes Rennen über diese Distanz und mit internationaler Konkurrenz, ich darf stolz auf mich sein.


Die UTMB World Series

UTMB World Series Events sind die besten Trailrunning-Events der Welt und werden nach höchsten Qualitätsstandards organisiert, sodass Läufer die Möglichkeit haben, auf allen Kontinenten in das UTMB-Erlebnis einzutauchen. Die drei besten Elite-Läufer erhalten automatisch Zutritt zum Finale der UTMB World Series und alle Finisher erhalten Running Stones, die es ihnen ermöglichen, sich für den UTMB Mont-Blanc Wettkampf zu qualifizieren, die das Beste, was das Land zu bieten hat, vereinen.

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